Die nächsten Tage verliefen weniger spektakulär. Eine gemütliche Fahrt mit der alten Baikalbahn war angesagt. Obwohl der Guide verschlafen hat, das Taxi nicht aufgetaucht ist und wir die Fähre verpasst haben, hat es letzten Endes doch geklappt und wir sassen im Zug.
Den Waggon teilten wir mit einer koreanischen Reisegruppe, welche dann auch für das Highlight des Tages sorgte. Am Endbahnhof Sljudjanka wurde die Lok gewechselt, damit derselbe Zug nach Irkutsk weiterfahren konnte. Der Platz des koreanischen Hauptfotografen blieb nach Abfahrt frei, die Pause war ihm wohl zu kurz (die Geschichte hatte dann doch ein Happy End, der Fotograf kam mit einer einstündigen Verspätung doch noch verspätet in Irkutsk an und sein Weiterflug nach Peking war nicht in Gefahr).
Die drei Tage in Irkutsk, dem „Paris von Sibirien“ sind kurz erzählt. Es regnete und es gab nicht viel zu sehen. So verbrachten wir die meiste Zeit in Cafés oder im Homestay Galina, in einem der typischen, uralten und denkmalgeschützten Holzhäuser von Irkutsk. Am Abend trafen wir uns jeweils nochmals mit Gianluca und Rea.
In gut 4 Stunden, also um 4:50, geht’s erneut in die Transsib, Richtung Ulaanbaatar. Das erste Mal werden wir sowohl mit anderen Personen ein 4er-Abteil teilen müssen als auch eine Grenze überqueren (was anderen Reisenden nach zwischen 3 bis 11 Stunden dauern kann). Ihr werdet ein Weilchen nichts von uns hören, da wir ziemlich sicher auf unserer Jeeptour durch die Mongolei nicht sehr oft online sein werden.
Am Hafen trafen wir Dimar, unseren Guide für die geplante 5-7-stündige Wanderung dem Baikalufer entlang bis nach Listwjanka und düsten gemeinsam mit dem Speedboot nach Bolshie-Koty. Die Wanderung führte dann die ersten 4 Stunden auch wie versprochen dem Baikalufer entlang und war traumhaft. Das Panorama war einzigartig und wir genossen es, mal abseits vom touristischen Geschehen ein Stückchen Russland zu entdecken. Die Freude wurde dann jedoch bei mindestens einer Person von uns beiden etwas getrübt, als es nach dem Lunch nicht mehr dem Seeufer entlang, sondern nur noch bergauf ging. Nichts desto trotz war es ein schöner Ausflug, den wir wirklich jedem empfehlen würden.
Der Baikalsee ist übrigens der wasserreichste Binnensee der Welt, 636km lang, im Durchschnitt 40km breit und bis zu 1637m tief. Er hat zudem 636 Zuflüsse, aber nur einen Abfluss, die Angara, weshalb seine Umwelt so einzigartig ist.
Mit der Ankunft in Irkutsk (Km 5191) sind wir bereits 5 Zeitzonen von Moskau entfernt. Etwas Verwirrung stiftet jeweils, dass die Uhrzeit sowohl im Zug, auf den Bahnhöfen als auch auf den Tickets in Moskauer-Zeit angezeigt wird.
Wir reisten gleich weiter Richtung Listwjanka an den Baikalsee. Unterwegs besuchten wir das Limnologische Museum, wo wir einiges über die einzigartige Flora und Fauna des Baikalsees erfuhren. Weiter besuchten wir den Schamanenstein am Ufer von Khuzhir, von welchem, auf Grund des Anstiegs des Wasserspiegels, nur noch die Spitze zu sehen ist.
Viel zu früh mussten wir wieder aus den Federn und zum Bahnhof. Zug Nr. 10 Richtung Irkutsk fuhr bereits um 6.30 Uhr los. Kaum im Wagon haben wir bereits unsere Nachbarn, Rea und Gianluca aus der Schweiz, kennengelernt.
Laut Reiseführer und Internetrecherche müsste der Komfort mit sinkender Zugnummer steigen. Naja, der erste Zug war ja schon fast Luxus gegen diese Karosse, in der wir jetzt unterwegs waren. Die Beschreibung der Toilette ersparen wir euch.
Unser Plan eine weitere entspannte Zugfahrt zu zweit zu geniessen hatte nie einen Hauch einer Chance, wurde doch unser Abteil kurzerhand zum Partyraum bestimmt. Zwischenzeitlich hatten sogar 10 Personen darin Platz gefunden.
Mit der russischen Zugbegleiterin schlossen wir dann auch halbwegs Freundschaft, als wir ihr einen Cognac abgekauft haben – was zugleich der Startschuss der Misere bedeutete.
Keinem kanns wirklich ganz arg zugesetzt haben, hat sich doch das ganze – wenn auch in einem etwas gemässigterem Rahmen – am nächsten Tag wiederholt.
In Ekaterinburg (Km 1816), dem „Fenster zu Asien“, wurden wir von Konstantin erwartet und zur Gastfamilie gebracht. Zur Gastfamilie gehörten Olga, ihre Mutter Ludmilla und der Kater Marsik. Zuerst wurde nochmals geschlafen, bis wir vom Duft einer feinen Omelette geweckt und zum Frühstück gerufen wurden.
Wir besichtigten die Stadt mit Hilfe der Roten Linie, welche an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbeiführt. Dabei entdeckten wir ein überdimensionales Computer-Keyboard, welche von Anatoly Vyatkin symbolisch für die Verschmelzung von West (Computer/Fortschritt) und Ost (Steingarten) angelegt wurde.
Das war dann aber auch schon die Hauptattraktion der ganzen Stadt (zu beachten ist jedoch, dass die Stadt bis 1991 touristisches Sperrgebiet war und deshalb wohl noch etwas Anlaufzeit braucht oder auch, dass wir relativ spät bemerkten, dass man für die Rote Linie einen Audio-Guide hätte mieten können).
Weiter ging es mit einer Irrfahrt mit dem falschen Bus in die falsche Richtung aber zum gesuchten Restaurant „Pozharka“, welches einem Feuerwehrdepot gleicht (wir wissen nun, dass es zwei davon gibt). Busfahren war an diesem Tag nicht unsere Stärke. Auf der Heimfahrt – diesmal mit dem richtigen Bus – landeten wir direkt im Busdepot. So durften wir noch 30 Minuten im strömenden Regen durch
Ekaterinburg wandern und kamen völlig durchnässt kurz nach Mitternacht doch noch zu Hause an.
Der zweite Tag zeigte sich wettertechnisch von seiner absolut schlechtesten Seite. So verbrachten wir den ganzen Nachmitg in Big Mamma’s House, einem gemütlichen Café in der Stadt, mit tausenden lustigen Post-It-Nachrichten (natürlich haben wir auch eine kleine Notiz hinterlassen).
Zu Hause haben wir es uns noch mit Olga auf dem Sofa gemütlich gemacht, uns Kunststücke mit Kater Marsik vorführen lassen und Ferienfotos angesehen. Nun wussten wir auch, weshalb uns Olga auf Anhieb so sympathisch war, verbrachte sie doch die letzten Ferien in Goa und war genauso begeistert davon wie wir es sind.
Nach dem gemütlichen Nachmittag im Gorky-Park in Moskau stiegen wir am Abend das erste Mal in die Transsib, in den Zug Nr. 38 Richtung Ekaterinburg. Wir hatten ein sehr komfortables Abteil zu zweit und kaum Mitreisende, weshalb es eine sehr ruhige Fahrt wurde. Die Landschaft wechselte sich ab mit Birkenwäldern, unendlich weiten Feldern und zwischendurch kleinen Dörfer mit farbigen Häuschen. Man konnte also getrost auch ein paar Stünchen vor sich hin dösen ohne etwas zu verpassen. Immer wieder wurden kürzere oder längere Stopps gemacht, welche man nutzen konnte, um bei den Babuschkas Esswaren, Wodka oder Plüschtiere (?) zu kaufen.
Kurz nach Abfahrt quatschten uns zwei russische Frauen an und wollten in unser Abteil. Wir liessen sie mal rein um zu schauen, was nun passiert. Sie zeigten auf ein Menu und stammelten irgendwas von Breakfast. Wir lehnten dankend ab, hatten wir doch unseren eigenen Proviant mit dabei. Anhand der erstaunten grossen Augen und dem bestimmten „why not???“ merkten wir, dass das Essen im Zugticket inklusive war. Also haben wir Reis, Poulet und 2 kleine Wodka bestellt (zum Frühstück!). Es schmeckte erstaunlicherweise ganz gut (nicht nur der Wodka) und wir überlebten auch den Salat ohne Bauchschmerzen.
Kurz vor Ekaterinberg beim Km 1777 steht ein Obelisk, welcher die geografische Grenze zwischen Europa und Asien markiert. Leider haben wir diesen verschlafen.
Unser erstes Lebenszeichen aus der Ferne.
Am Sonntag wurden wir am Flughafen in Moskau von Alexey empfangen und zum Home Hostel gebracht. Nach einem kühlen Bier und einer erfrischenden Dusche haben wir uns zuerst mal aufs Ohr gehauen und wiedermal richtig ausgeschlafen. So gings am Montag dann auch erst um halb drei mit Sight Seeing weiter. Mit russischer Freundlichkeit wurden wir darauf hingewiesen, dass wir für Kreml-Tickets etwas spät drann seien. So gaben wir uns mit dem Roten Platz, der Basilius-Kathedrale, dem Grab des unbekannten Soldaten und dem GUM (riesiges Warenhaus) zufrieden. Sili kam bereits das erste Mal mit der Russischen Trillerpfeife in Kontakt, als er sich in der Nähe des Grabes kurz hinsetzen wollte.
Auf dem Heimweg bestaunten wir die prunkvollen Metro-Stationen Majakowskaja und Kiewskaja. Weshalb in den Reiseführer von einem Fotografierverbot gewarnt wird, wissen wir nicht. Hier wurde munter drauflosgeblitzt.
Am Dienstag haben wirs doch etwas früher aus den Federn geschaft und machten uns auf den Weg zum Kreml. Im Glockenturm „Iwan der Grosse“ frischten wir unsere russischen Geschichtskenntnisse etwas auf und spazierten anschliessend zur Zarenkanone und zur 200 Tonnen schweren Zarenglocke. Die ganze Kreml-Anlage war kleiner als erwartet, so statteten wir den beiden Flaniermeilen Arbat und Twerskaja noch einen Besuch ab.
Wir wollens ja nicht gleich übertreiben, so schalten wir heute einen gemütlichen Tag im Gorky-Park (Vergnügungs- und Erholungspark) ein, wo wir nun auch Zeit für einen ersten Zwischenbericht gefunden haben. Heute Abend gehts dann zum ersten Mal mit der Transsib Richtung Jekaterinburg.